Juden in Kreuzberg – Fundstücke, Fragmente, Erinnerungen
18. Oktober bis 29. Dezember 1991
Spürt man der Geschichte der jüdischen Bevölkerung des Bezirks Kreuzberg nach, so stößt man auf die unterschiedlichsten Persönlichkeiten: Der Sozialist Carl Herz war hier von 1926 bis 1933 Bürgermeister, der Kaufmann Georg Wertheim hatte 1893/94 in der Oranienstraße Berlins ersten großen Warenhausbau errichtet. Politisch und in ihrem Verhältnis zum Bezirk weit voneinander entfernt, hatten sie eines gemeinsam: sie fühlten sich als Deutsche und sahen hier ihre politische, wirtschaftliche und kulturelle Heimat.
Ihre religiöse Heimat fanden liberale Juden in der Synagoge Lindenstraße (zerstört), orthodoxe am Kottbusser Ufer (heute Fraenkelufer 10-18) und in zahlreichen Privatsynagogen.
Juden in Kreuzberg – 6.096 Bürger jüdischen Glaubens wurden 1933 im Bezirk gezählt. Ausgehend von dem Dreieck der Linden-, Oranien- und Skalitzer Straße zeigte die Ausstellung Aspekte jüdischen Lebens im Bezirk, in der Straße, im Haus, als Teil der Nachbarschaft. In der Lindenstraße, einer Verwaltungs- und Geschäftsstraße, hatten jüdische Vereine, Verlage und eine Synagoge ihren Sitz. Die Oranienstraße, der "Kurfürstendamm des Ostens", war Standort vieler jüdischer Geschäfte und Arztpraxen. In der proletarischen Wohngegend der Skalitzer Straße reihten sich die Läden ostjüdischer Gebrauchtkleiderhändler. Aus Fundstücken, Fragmenten und den Erinnerungen Überlebender formte sich das Mosaik einer vernichteten Lebenskultur.