Jetzt lächeln! Atelierfotografie am Beispiel Mathesie – Eine Enzyklopädie
4. Juli bis 16. August 1998
1993 wurde dem Kreuzberg Museum ein Konvolut von ca. 300 000 Negativen aus der Zeit von 1945 bis 1983 überantwortet.
Es handelt sich um das Fotoarchiv der Fotografin Charlotte Mathesie, die seit 1945 in der Adalbertstraße 11 ein Fotostudio betrieb.Dem Auftrag des Studios entsprechend, handelt es sich in der Hauptsache um Portraitfotos – vom Pass- bis zum Hochzeits- und Erinnerungsbild –, aber auch um Tierportraits, Werbefotografien und andere Aufnahmen.
Jetzt lächeln! zeigte eine Auswahl von ca. 3000 Fotografien des Atelier Mathesie, als Enzyklopädie geordnet, die insgesamt ca. 100 Begriffe umfasste. Diese Ordnungspunkte begannen mit "Abwesenheit" (vom Vater nach dem Krieg), über "Augen zu", "Beruf / Berufung", "Cowboys und Indianer", "Feste, Feiern, Feten", "Initiation", "Mode", "Seitenwechsel", ... bis zu "Zwillinge".
Weitere Orte der Ausstellung waren der China-Imbiss Adalbertstraße, in dem sich das Fotostudio Mathesie bis 1993 befand, und der Kreuzberger Stadtraum, wo in ausgewählten Geschäften Fotos der Schaufenster von Anfang der fünfziger Jahre gezeigt wurden und wo ein Hundeboulevard mit 250 Motiven von Hundefotografien aus dem Fotoatelier – vom Kottbusser Tor zum Mariannenplatz und vom Görlitzer Bahnhof zum Oranienplatz präsentiert wurde.
Die Neuordung des Archivs wollte dazu anregen und anleiten, das Fotomaterial unter zeitgenössischen Aspekten zu besichtigen, und stellte dabei Fragen nach Zeit- und Sozialgeschichte, Alltagskultur, Ästhetik und Moden. Fotografie war im Sinne der Ausstellung ein Chronometer, das dazu verhilft, am sozialen und kulturellen Geschehen teilzunehmen. Hinter den sich wandelnden Moden und Gesten, hinter den Einrichtungsgegenständen und Motiven wurde eine sich verändernde soziale Struktur erkennbar.