Die deutsche Gesellschaft und Politik hat den Samudaripen, den NS-Völkermord an Rom*nja und Sinti*zze Europas, lange Zeit ignoriert und eine Aufarbeitung der Diskriminierung, Verfolgung und Ermordung sogar mitunter aktiv unterdrückt. Bis in die 1980er Jahren wurden Rom*nja und Sinti*zze in der Bundesrepublik Deutschland nach denselben rassistischen Methoden und mit den gleichen Akten und Kategorien erfasst, die im Nationalsozialismus und schon davor angelegt wurden. Entschädigungen wurden den Überlebenden und ihren Familien vielfach verweigert und ganz offen eine Schuldumkehr betrieben. Gegen diese „Zweite Verfolgung“ haben sich Rom*nja und Sinti*zze zusammengeschlossen und gewehrt. Nach dem ersten Roma Weltkongress 1971 und dem damit verbundenen Erstarken einer transnationalen Rom*nja-Bewegung, verschafften sich auch in der damaligen BRD Überlebende und Nachkommen in Verbänden und Vereinen zunehmend eine öffentliche Sichtbarkeit. Mit Besetzungen ehemaliger Konzentrationslager, Hungerstreiks und Demonstrationen erkämpften sie sich Zugang zu den Akten und starteten eine Aufarbeitung der Verfolgung und der Kontinuitäten nach 1945 – trotz des Widerstands politischer Akteur*innen.
Die Bewegung erreichte 1982 eine offizielle politische Anerkennung des Völkermordes. Doch bis heute hat der deutsche Staat keine umfassende Aufarbeitung betrieben und viele Überlebende und Nachkommen nicht angemessen entschädigt. In den 1990er Jahren, in Folge der Flucht vieler Rom*nja aus südosteuropäischen Ländern, erweiterte sich der Fokus der Anliegen. Der Kampf richtete sich nun gegen Abschiebungen und der andauernden Diskriminierung und hatte ein Bleiberecht für Rom*nja zum Ziel. Auch der Kampf um angemessene Erinnerung geht weiter. Das über Jahre erkämpfte Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin soll aktuell durch Baupläne der Deutschen Bahn verändert werden. Diese Baupläne wurden ohne breite Einbindung der Communitys beschlossen.
Zum 80. Jahrestag der Kapitulation des NS-Regimes gestalten die Romani feministische Selbstorganisation RomaniPhen e.V. und das FHXB Friedrichshain-Kreuzberg Museum eine Ausstellung, die sich mit den Kämpfen um Aufarbeitung, Anerkennung und Erinnerung von Rom*nja und Sinti*zze nach 1945 beschäftigt. Das Ausstellungsprojekt stellt das Wissen und die Erfahrungen von Menschen in den Mittelpunkt, die für die Aufarbeitung der Geschichte und die Rechte von Rom*nja und Sinti*zze gekämpft haben und weiterhin kämpfen. Damit rücken die Kooperationspartner*innen die zivilgesellschaftlichen Kämpfe um eine konsequente Aufarbeitung und demokratische Erinnerungskultur zum Nationalsozialismus in den Fokus.