Am 23. September 2024 verlegt der Künstler Gunter Demnig im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg 12 weitere Stolpersteine. Mit Stolpersteinen wird am letzten freiwillig gewählten Wohnort an Menschen erinnert, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden – im Bezirk sind es bereits mehr als 1.050 Stolpersteine.
Zur Erinnerung an Jacob, Sonja, Max, Ruth, Edith und Dora Gutschein werden Stolpersteine verlegt.
Wann? 11:45 Uhr
Wo? Krautstr. vor der Freizeitstätte (zw. Singerstr. und Kleine Markussstr.)
Die Familie Gutschein lebte bis zu ihrer Flucht 1934 in der Krautstr. 13, dieses Haus gibt es heute nicht mehr.
Jacob Gutschein (*1892) war der Sohn von Adolf (*1864) und Sara Gutschein (Lebensdaten nicht bekannt, geb. Bleicher). Seine Mutter starb während seiner Kindheit in Bendzin in Polen. Sein Vater und Jeanette, geb. Surin (*1874) heirateten 1902 in Wien. Beide stammten aus Polen; wann sie nach Berlin kamen, ist nicht bekannt.
Jacob und Sonja Gutschein (*1892, geb. Balsam) hatten vier Kinder: Max (*1920), Ruth (*1922), Edith (*1924) und Dora (*1929). Nachweisbar wohnten sie 1931 in der Krautstraße 13 zur Untermiete bei Max Kutter, der in dem Haus eine Metzgerei betrieb. Jacob arbeitete in der Textil-Fabrik seines Vaters in der Linienstraße in Berlin-Mitte.
Der Vater Adolf Gutschein flüchtete 1934 mit seiner Frau Jeanette nach Polen. 1935 wurde er enteignet und verlor das Grundstück an der Linienstr. 29/Lothringer Str. 95 mit dem Firmensitz.
Die genauen Umstände ihrer Flucht sind nicht bekannt. Während der deutschen Besatzung in Polen wurden sie nach Auschwitz deportiert und dort 1943 ermordet.
Für Adolf und Jeannette Gutschein werden am 23.9. ca. 14:10 Uhr in der Linienstr. 29, ihrem letzten freiwillig gewähltem Wohnort, Stolpersteine verlegt.
Jacob, Sonja und ihre Kinder Max, Ruth, Edith und Dora flüchteten im Februar 1934 nach Spanien. Sie überlebten.
Mit der Verlegung von sechs Stolpersteinen wird an Rosalie und Erwin Philippsborn, sowie Emil, Ruth, Ingrid und Helga Neumann erinnert.
Wann? 13:20 Uhr
Wo? Rigaer Str. 107
Rosalie Bernstein kam 1878 in Schwetz (Westpreußen, heute Polen) in einer jüdischen Familie zur Welt. Sie heiratete 1904 den jüdischen Fleischermeister Arthur Philippsborn (*1877 in Tempelburg) und bekam mit ihm drei Kinder: Paul (*1905), Erwin (*1908) und Ruth (*1910). Die Familie übersiedelte nach dem Ersten Weltkrieg von Tempelburg (Pommern, heute Polen) nach Berlin. Die Ehe von Rosalie und Arthur Philippsborn wurde 1935 geschieden.
Die Tochter Ruth heiratete 1934 den Schlosser Emil Neumann (*1905), der nicht jüdisch war. Mit ihm bekam sie zwei Töchter: Ingrid (*1934) und Helga (*1938). Die Familie lebte in der Rigaer Str. 107; auch Rosalie, Paul und Erwin Philippsborn lebten dort.
Rosalie Philippsborn wurde Ende August 1942 abgeholt und am 5. September 1942 nach Riga deportiert und ermordet. Ihr Sohn Erwin flüchtete daraufhin im September 1942 nach Wien, wo er kurz nach seiner Ankunft verhaftet wurde. Er wurde am 5. Januar 1943 von Wien nach Theresienstadt deportiert und zu einem unbekannten Zeitpunkt ermordet.
Paul Philippsborn hatte 1941 geheiratet und lebte mit seiner Frau Annemarie in der Dunckerstr. 21 im Prenzlauer Berg. Beide wurden am 4. März 1943 nach Auschwitz verschleppt, zur Zwangsarbeit selektiert und später ermordet.
Ruth blieb durch ihre sogenannte „Mischehe“ mit Emil Neumann vor der Deportation verschont, dennoch war die Familie Repressalien ausgesetzt. Die Neumanns emigrierten 1949 nach Israel.