In ihrem neuen Essayband „Das Zenonzän. Paradoxien des Fortschritts“ spürt Isabel Fargo Cole den schillernden Widersprüchen des Fortschrittsbegriffs nach. Dabei geht sie u.a. auf Robert Havemanns Postwachstumsutopie und die amerikanische Science-Fiction-Autorin Ursula K. LeGuin ein wie auch auf das utopische Zeitgefühl der 90er mit dem frühen Internet und den vielen alternativen Räumen in Berlin. In vergangenen fortschrittlichen Traditionen kann man Inspiration für die Zukunft finden – wiederum entpuppen sich so manche futuristische Visionen der Gegenwart, etwa die des Big Tech, als zutiefst reaktionär.
Wie kaum ein zweiter Ort in Berlin spiegelt das Bethanien die Geschichte des politisch-utopischen Denkens im Spannungsfeld von Fortschritt und Reaktion wieder – von der paternalistischen Mittelalterobsession Friedrich Wilhelms IV., des Gründers von Bethanien, über das Revoluzzertum des jungen Theodor Fontane, der hier im Jahr 1848 als Apotheker gearbeitet hat, bis zu dem heute noch prägenden Erbe Rio Reisers und der Hausbesetzerszene. Im Gespräch mit Michael Leetz wird Isabel Fargo Cole Auszüge aus ihrem Essayband lesen, aber auch Stimmen aus der wechselvollen Geschichte des Bethanien einfließen lassen.
