Am 24. September 2025 verlegt der Künstler Gunter Demnig im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sieben Stolpersteine. Mit den Stolpersteinen wird am letzten freiwillig gewählten Wohnort an Menschen erinnert, die von den Nationalsozialisten verfolgt wurden.
Wann? 10:35 Uhr
Wo? Mariannenstraße 29
Mit der Verlegung von fünf Stolpersteinen wird an die Familie Brod: David Chaim, Helena, Gertrud, Rosa und Alfred erinnert.
David Chaim Brod kam 1873 in Zolkiew in Galizien (heute in der Ukraine) zur Welt, das bis zum Ende des 1. Weltkriegs 1918 zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörte. Er und Helena Meschel, geb. 1873 in Lemberg (heute Lwiw in der Ukraine) heirateten. Beide waren jüdischen Glaubens.
David ging 1897 nach Berlin, wo er als Schuhmacher arbeitete. Ein Jahr später folgte ihm Helena zusammen mit der Tochter Lisa (*1897) nach. In Berlin kamen die Kinder Sara (*1899), Gertrud (*1906), Rosa (*1908) und Alfred (*1911) zur Welt.
1918 bezog die Familie Wohn- und Geschäftsräume in der Mariannenstr. 29. Das Schuhgeschäft florierte und die Familie lebte in gutbürgerlichen Verhältnissen.
Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten 1933 hatte auch David Brod zunehmend unter dem Boykott jüdischer Geschäftsleute zu leiden. Die ganze Familie Brod war von der Verfolgung von Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten betroffen. Die erwachsene Tochter Rosa emigrierte 1938 nach Mittelamerika.
David und Alfred Brod wurden am 28. Oktober 1938 im Rahmen der sogenannten „Polenaktion“ aufgrund ihrer polnischen Staatsangehörigkeit verhaftet und nach Polen abgeschoben. Helena wurde im Sommer 1939 ausgewiesen. David, Helena und Alfred Brod lebten mehrere Jahre in Lemberg, wo sich ihre Spur 1942 verliert. Tochter Gertrud, die Zwangsarbeit bei Siemens leisten musste, wurde am 1. März 1943 von Berlin nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Die älteste Tochter Lisa war von ihrem Wohnort Brandenburg an der Havel mit ihrem Mann bereits 1933 nach Paris emigriert. Während der deutschen Besatzung Frankreichs überlebten beide in der Illegalität. Sara blieb von der Deportation verschont, weil ihre Ehe mit einem sogenannten „Arier“ sie schützte.
Wann? 11:35 Uhr
Wo? Weichselstraße 27 (10247 Berlin)
Zur Erinnerung an Kurt und Ella Lewin werden Stolpersteine verlegt.
Die Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann nimmt an dieser Verlegung teil.
Kurt Lewin kam 1885 in der Kleinstadt Labes in der damaligen preußischen Provinz Pommern (heute Łobez in Polen) in einer jüdischen Familie zur Welt. Er wurde Kaufmann. 1910 heirateten er und Ella Eisenstaedt (geb. 1884 in Groß Poplow in Pommern) und zogen nach Berlin. Sie wohnten seit etwa 1916 in der ersten Etage des Hauses Weichselstraße 27.
Mit der schrittweisen Entrechtung und Verfolgung von Juden und Jüdinnen durch die Nationalsozialisten ab 1933 begannen auch Zwangsmaßnahmen gegen das Ehepaar Lewin. Darunter fielen zahlreiche Maßnahmen der Diskriminierung und sozialen Ausgrenzung, des Entzugs staatsbürgerlicher Rechte sowie der Verdrängung aus dem Berufs- und Wirtschaftsleben.
Das Ehepaar Lewin musste aus ihrer langjährigen Wohnung in der Weichselstraße 27 ausziehen. Seit 1941 lebten sie in der Langen Straße 2, sehr wahrscheinlich in einer Zwangswohnung, in einem Haus mit einer jüdischen Eigentümerin.
Wenn Juden und Jüdinnen ihre Wohnung gekündigt wurde, mussten sie in Zwangsräume ziehen. Jüdische Hauseigentümer*innen und Mieter*innen wurden gezwungen, jüdische (Unter-) Mieter*innen aufzunehmen. Dies war Teil der antisemitischen Wohnungspolitik der Nationalsozialisten mit dem im April 1939 erlassenen „Gesetz über Mietverhältnisse mit Juden“. Dadurch konnten Juden und Jüdinnen ihren Wohnort nicht mehr frei wählen.
Kurt Lewin musste Zwangsarbeit in einem Bautrupp bei der Deutschen Reichsbahn leisten. Kurt und Ella Lewin wurden am 26. Februar 1943 mit dem sogenannten „30. Osttransport“ nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Recherchen und biografische Zusammenstellung: Christiana Hoppe, Stolperstein-Initiative Friedrichshain-Kreuzberg